Seit rund einem Jahr können Patienten am Städtischen Klinikum Karlsruhe mittels einer Ganzkörperbestrahlung behandelt werden. Diese Behandlung wird als Bestandteil einer Konditionierungstherapie durchgeführt, wenn die Patienten eine Knochenmark- oder Stammzelltransplantation benötigen. „Die Ganzkörperbestrahlung bereitet den Patienten auf die Transplantation vor und ist technisch extrem aufwendig“, erklärt Prof. Dr. Katja Lindel, Direktorin der Klinik für Radioonkologie und Strahlentherapie. Da die Strahlen, die bei der Ganzköperbestrahlung eingesetzt werden, alle Bereiche des Körpers erreichen, kann bei bestimmten Erkrankungen das Rezidivrisiko herabgesetzt werden, außerdem wird unter bestimmten Umständen das Risiko der Transplantatabstoßung verringert.

„Das Bestrahlungsgerät, ein Linearbeschleuniger, arbeitet mit hochenergetischen Röntgenstrahlen“, so Lindel. Der Abstand zwischen Gerät und Patient muss ca. zwei Meter betragen, um den gesamten Körper des Patienten im Bestrahlungsfeld erfassen zu können. Die Bestrahlungsdauer beträgt etwa 40 Minuten. In dieser Zeit bewegt sich das Bestrahlungsgerät bogenförmig über den Körper des Patienten hinweg. Die Intensität der Bestrahlung hängt von der Grunderkrankung und vom Krankheitsstand bei der Transplantation ab. Bestrahlungen an drei aufeinanderfolgenden Tagen sind jedoch die Höchstdosis.

Zur Vorbereitung auf die Ganzkörperbestrahlung wird eine Computertomographie gemacht, um die Bestrahlungsfelder sorgfältig zu planen. Hierbei muss insbesondere auf die Lunge geachtet werden. Die Lunge ist ein empfindliches Organ und muss während der Bestrahlung mithilfe von genau positionierten Abschirmungen ab einer gewissen Strahlendosis geschützt werden.

„Die Ganzkörperbestrahlung wird exakt mit den Ärzten abgestimmt, die die Stammzelltransplantation vornehmen“, sagt Lindel. Natürlich ist der Spender für die anschließende Stammzelltransplantation voruntersucht und spendetauglich befunden worden. „Da aufgrund der Bestrahlung das Immunsystem und das blutbildende System extrem geschwächt werden, muss kurze Zeit nach der Ganzkörperbestrahlung die Stammzelltransplantation erfolgen“, so Lindel.

„Akute Leukämien, Vorläufererkrankungen von Leukämien, Lymphome aber auch das Multiple Myelom sind die häufigsten Indikationen für eine Transplantation von Blutstammzellen“, berichtet Prof. Dr. Mark Ringhoffer, Leiter der Stammzelltransplantation. Man unterscheidet die autologe Stammzelltransplantation – hier werden Stammzellen vom Patienten selbst verwendet – und die allogene Stammzelltransplantation – hier wird ein Familienspender oder ein Fremdspender benötigt.

„Die Ganzkörperbestrahlung ist nicht die einzige Maßnahme, die nötig ist, um Patienten auf die Stammzelltransplantation vorzubereiten“, sagt Ringhoffer. Zur sogenannten Konditionierungstherapie gehören auch eine Chemotherapie und in der Regel auch eine Antikörpertherapie. „Hierbei werden im Zusammenwirken mit der Ganzkörperbestrahlung noch verbliebene kranke Zellen entfernt und das Immunsystem des Spenders heruntergefahren“, so Ringhoffer. Im Anschluss können dann gesunde Stammzellen übertragen werden. „Wegen der Infektgefährdung ist der Patient in einem besonderen Bereich mit Luftfilterung untergebracht, den er nur für die Behandlung in der Strahlenklinik verlässt. Dadurch kann das Infektionsrisiko deutlich gemindert werden“, erklärt der Arzt. „Die Transplantationseinheit der Medizinischen Klinik III wurde 2016 nach der internationalen JACIE-Norm zertifiziert. Dies dokumentiert die hohen Qualitätsstandards, die in Karlsruhe zur Anwendung kommen.“ Weiter führt er aus: „Für die Patienten ist es ein großer Vorteil, dass das Team um Frau Professor Lindel die Ganzkörperbestrahlung am Städtischen Klinikum Karlsruhe etabliert hat. Die Patienten können in dem geschützten Bereich in der Betreuung des Transplantationsteams bleiben. Der vorher erforderliche Transport an die Uniklinik Heidelberg entfällt jetzt. Außerdem vergrößert die Nähe zur Strahlentherapie im Klinikum die Variationsmöglichkeiten unserer vorbereitenden Behandlungsprotokolle. Zusammenfassend kann man sagen, dass die Behandlung unserer Patienten durch diesen wichtigen Schritt sicherer und komfortabler wird.“

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