Zum Start des neuen Schuljahres am Montag weist die Diakonie Württemberg darauf hin, dass Kinder und Jugendliche aus armen Familien oft vom digitalen Unterricht abgehängt sind. „Ein digitaler Zugang zu den Lerninhalten für alle Schülerinnen und Schüler gehört zum Existenzminimum und ist Teil des Bildungsauftrags“, sagt Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Württemberg. Die aktuelle Situation widerspreche dem Grundsatz der Gleichbehandlung und dem Recht auf gesellschaftliche Teilhabe. Das vergrößere die Lücke zwischen Arm und Reich und führe zu verstärkter Ausgrenzung.

Das Land hat Bundesmittel aus dem „Sofortausstattungsprogramm“ des Digitalpakts Schule 2019 bis 2024 zur Anschaffung von Leihgeräten bekommen. Leider kommen nach Kenntnis der Diakonie die Geräte nur unzureichend an. Dass sie nach der Zahl der Schülerinnen und Schüler und nicht nach tatsächlichem Bedarf an die Schulen verteilt werden, hält Kaufmann für nicht sinnvoll: „Schulen mit hohem Bedarf bekommen dadurch nicht ausreichend Unterstützung. Viele Kinder starten deshalb ohne funktionierende und ausreichende Ausstattung ins neue Schuljahr.“ Die von der Telekom angekündigte Bildungs-Flatrate für Schulen begrüßt Kaufmann.

Ein weiteres Problem sieht die Diakonie Württemberg darin, dass die Schulen die Bedürftigkeit der Kinder prüfen sollen, „Wir befürchten die Stigmatisierung der betroffenen Schüler und Eltern sowie eine Überforderung der Lehrkräfte“, sagt Kaufmann. Viele Familien würden aus Scham auf ihnen zustehende Sozialleistungen verzichten. Deshalb schlägt er die Kopplung an bereits vorhandene Existenzsicherungsleitungen vor.

Für Kinder und Jugendliche, auch aus armen Familien, haben Kirche und Diakonie viele Angebote. „Wir wollen, dass sie ein erfülltes Leben haben und die Hoffnung in ihnen stärken, dass sie mutig in die Zukunft gehen – dafür steht die christliche Gemeinschaft“, so Oberkirchenrat Dieter Kaufmann

Hintergrund:

Für Bildung ist im Regelbedarf der Hartz-IV-Leistungen unter ein Euro pro Monat eingestellt (0- bis 6 Jährige: 76 Cent, 6- bis 14-Jährige: 55 Cent, 14- bis 18-Jährige: 23 Cent, 18- bis 25-Jährige: 88 Cent). Dazu kommen für schulpflichtige Kinder und Jugendliche jährlich150 Euro für Schreib-, Rechen- und Zeichenmaterialien. Bisher ist eine digitale Ausstattung nicht vorgesehen. In Gerichtsentscheidungen wird zunehmend anerkannt, dass Bedarfe für Schule und Bildung in den Regelbedarfen nicht ausreichend berücksichtigt werden und sich u.a. auf die UN-Kinderrechtskonvention bezogen, die das Recht des Kindes auf Bildung und Chancengleichheit betont.

Über den Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e.V.

Die Diakonie Württemberg ist die soziale Arbeit der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Freikirchen. Das Diakonische Werk Württemberg mit Sitz in Stuttgart ist ein Dachverband für 1.400 Einrichtungen mit fast 50.000 hauptamtlichen und 35.000 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie begleiten Kinder, Jugendliche und Familien, Menschen mit Behinderungen, alte und pflegebedürftige Menschen, Arbeitslose, Wohnungslose, Überschuldete und andere Arme, Suchtkranke, Migranten und Flüchtlinge sowie Mädchen und Frauen in Not. Täglich erreicht die württembergische Diakonie über 200.000 Menschen. Das Diakonische Werk Württemberg ist ebenfalls Landesstelle der Internationalen Diakonie, Brot für die Welt, Diakonie Katastrophenhilfe und Hoffnung für Osteuropa.

Bundesweit sind rund 525.000 hauptamtlich Mitarbeitende und etwa 700.000 freiwillig Engagierte in der Diakonie aktiv. Der evangelische Wohlfahrtsverband betreut und unterstützt jährlich mehr als zehn Millionen Menschen in Deutschland.

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