Coronabedingt hat in den letzten Monaten vor allem das mobile Arbeiten an Bedeutung gewonnen. Gemeint sind damit Beschäftigte, die zeitlich und räumlich flexibel außerhalb ihres regulären Arbeitsplatzes auch mit Hilfe neuer Informationstechnologien tätig sind. Fast jeder zweite Beschäftigte in Deutschland arbeitet mittlerweile, ausgelöst durch die Corona-Pandemie, ganz oder teilweise mobil und die Tendenz ist steigend. Diesen Aspekt, aber auch räumliche und andere, berufsbedingte Mobilität beleuchtet der diesjährige BKK Gesundheitsreport und gibt wichtige Impulse zur gesundheitsförderlichen Gestaltung von Mobilität in der Arbeitswelt.

„Die Pandemie hat viele Fassetten der Mobilität drastisch verändert und auch nach Corona wird diese anders aussehen, als davor. Beispielsweise wird Video-Technik künftig Dienstreisen und ggf. berufsbedingte Umzüge reduzieren. Die selbstbestimmte Wahl des Arbeitsortes und der damit verbundene Vertrauensvorschuss seitens des Arbeitgebers kann die Beschäftigten motivieren. Individuelle soziale und gesundheitliche Bedürfnisse können stärker wahrgenommen werden. Doch die Schattenseiten wie z. B. Vereinsamung, eine gesundheitsschädliche Arbeitssituation zu Hause dürfen nicht verschwiegen werden. Abseits der technischen Voraussetzungen sind daher eine neue Arbeits- und Führungskultur, die die Beschäftigten unterstützt, die beiden wichtigsten Voraussetzungen für einen Wandel hin zu einer gesundheitsförderlichen Gestaltung von Mobilität und Arbeit. Wir im BKK Dachverband haben in den letzten Monaten in dieser Hinsicht sehr gute Erfahrungen gemacht. Unser Krankenstand ist stabil geblieben“, sagt Franz Knieps, Vorstand des BKK Dachverbandes.

Krankenstand 2019 stabil – bisher in 2020 kein Anstieg durch Corona-Pandemie

Auch insgesamt zeigt sich unter den Beschäftigten im BKK-System, dass der Krankenstand im Jahr 2019 mit 5,1 % im Vergleich zum Vorjahr unverändert geblieben ist. Muskel-Skelett-Erkrankungen, psychische Störungen und Krankheiten der Atemwege sind nach wie vor die wichtigsten Ursachen für krankheitsbedingte Fehltage.

Hingegen hat der Krankenstand im ersten Halbjahr 2020 während der Corona-Pandemie eine rasante Berg- und Talfahrt absolviert: Während im März mit 6,7 % der höchste Wert innerhalb der letzten Dekade zu verzeichnen ist, wird anschließend im Mai mit 3,7 % ein historischer Tiefstwert erreicht. Im Durchschnitt bewegt sich der Jahreswert für 2020 bisher auf dem Niveau der Vorjahre. Ein Anstieg durch die Corona-Pandemie ist daher im Schnitt nicht zu erkennen.

Die Analyse des BKK Gesundheitsreports 2020 zeigt: Pendler sind meist weniger krank

Etwa jeder zweite (44 %) der über 4 Millionen beschäftigten BKK Mitglieder zählt zur Gruppe der Pendler. Am häufigsten sind männliche und gutverdienende Beschäftigte mit hohem Schul- und Berufsabschluss, die oftmals in Führungspositionen tätig sind und komplexe Arbeitsaufgaben wahrnehmen, in der Gruppe der Pendler zu finden. Besonders hohe Pendleranteile finden sich beispielsweise bei den IT- und naturwissenschaftlichen Berufen, deutlich geringer hingegen ist dieser Anteil im Gastgewerbe oder bei den Gesundheitsberufen.

Die Analysen des diesjährigen Gesundheitsreports zeigen, dass Pendler durchschnittlich weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen, seltener in ambulanter und stationärer Behandlung sind und weniger Arzneimittel erhalten.

„Damit liegt die Vermutung nahe, dass die negativen gesundheitlichen Folgen des Pendelns durch diese positiven Voraussetzungen in der Gruppe der Pendler teilweise kompensiert werden,“ erklärt Prof. Dr. Holger Pfaff von der Universität Köln.

Nachgedacht werden muss hier auch über Berufsgruppen, in denen der Bildungsgrad und der berufliche Status bzw. der Verdienst der Pendler geringer sind. So weisen z. B. Sicherheitsberufe oder Verkehrs- und Logistikberufe mehr Fehltage und Krankenhausaufenthalte auf. Vor allem in ländlichen und grenznahen Regionen ist der Pendleranteil besonders hoch. Mit Abstand die größten Strecken legen in Ostdeutschland lebende Beschäftigte zurück.

Dauer und Entfernung machen den Unterschied – so eine BKK Umfrage

In Ergänzung zu den jährlichen Analysen wurde im Juni 2020 in Zusammenarbeit mit dem Meinungsforschungsinstitut Kantar eine repräsentative Umfrage von 3000 Beschäftigten in ganz Deutschland durchgeführt. Ein wesentliches Ergebnis daraus ist, dass mit ansteigender Entfernung und Zeit, die Beschäftigte für das Pendeln zwischen Wohn- und Arbeitsort aufwenden müssen, die wahrgenommene Belastung für die körperliche und psychische Gesundheit sowie die negativen Folgen für das Sozialleben zunehmen und somit die Gesundheit der Pendler deutlich beeinträchtigt wird.

„Das zeigt, dass die Auswirkungen von Mobilität auch abhängig von individuellen Bedürfnissen sind. Deshalb ist das Aushandeln einer Win-Win-Situation zwischen Vorgesetztem und Mitarbeiter*in bzw. zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer*in von großer Bedeutung: Individuelle Lösungen sind gefragt!“ so Prof. Dr. Holger Pfaff.

Mobiles Arbeiten und Homeoffice erweitern Mobilität

Genauso wie das tägliche Pendeln gehört auch mobiles Arbeiten von zu Hause, meist als Homeoffice bezeichnet, heute zum modernen Arbeitsleben dazu. Die BKK-Umfrage zeigt, dass etwas mehr als die Hälfte (54 %) aller Beschäftigten in Deutschland zumindest ab und zu von zu Hause arbeitet. Häufigster Hemmschuh ist oftmals die Tätigkeit selbst, wenn diese nur vor Ort ausgeführt werden kann. Mehr als ein Drittel geben hingegen an, dass der Arbeitgeber bzw. der/die Vorgesetzte Homeoffice ablehnend gegenübersteht. Fehlendes Vertrauen gegenüber den Mitarbeiter*innen, gepaart mit einer überholten Präsenzkultur, erschweren somit die Umsetzung moderner und flexibler Arbeitsgestaltung. Dem gegenüber steht der Wunsch jedes vierten Beschäftigten nach (mehr) Homeoffice bzw. mobiler Arbeit. Zudem zeigt die BKKUmfrage, dass Beschäftigte, die von zu Hause arbeiten können, ihre Gesundheit positiver bewerten als solche, die nie von zu Hause arbeiten.

„Eine Chance von Arbeiten von zu Hause für die Beschäftigten ist, dass sie ungestörter und konzentrierter arbeiten können und sich Beruf und Privatleben besser vereinbaren lässt. Dies gerade auch durch einen geringeren Pendelaufwand. Ein anderer Aspekt ist, dass gemeinsam an zeit- und ortsunabhängigen Lösungen gearbeitet werden kann und Teams nach ihrer fachlichen Qualifikation statt nach der räumlichen Verteilung zusammengestellt werden können“, erklärt Frau Prof. Dr. Simone Kauffeld von der TU Braunschweig.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sind in der Arbeitswelt sichtbar: Während Beschäftigte in der BKK-Umfrage angeben, deutlich häufiger als vorher (+48 %) im Homeoffice tätig zu sein, ist das klassische Pendeln im Gegenzug massiv zurückgegangen (-35 %). Viele Beschäftigte und Unternehmen haben dabei aus der Not eine Tugend gemacht und erkennen zunehmend die Vorteile, die sich für beide Seiten aus mobiler Arbeit ergeben. Dabei zeigt sich auch hier die Corona-Pandemie als Katalysator für eine längst überfällige Entwicklung in einer zunehmend digitalisierten Arbeitswelt.

„Auch Kosteneinsparungen für die Arbeitgeber können ein Resultat sein, beispielsweise durch weniger Dienstreisen und Büroflächen. Personen mit geringerer Mobilität können integriert und Arbeitsprozesse und Arbeitsergebnisse leichter dokumentiert werden“, meint Prof. Dr. Simone Kauffeld.

Doch es zeigt sich: Weder dauerhaftes Pendeln noch dauerhaftes Homeoffice werden den Bedürfnissen von Beschäftigten und Arbeitgebern sowie der gesundheitsförderlichen Gestaltung von Arbeit gerecht.

BKK Gesundheitsreport 2020

Weitere Analysen und Kennzahlen zur Arbeitsunfähigkeit, zur ambulanten und stationären Versorgung sowie zu den Arzneimittelverordnungen und zur BKK-Umfrage sind im neuen BKK Gesundheitsreport 2020 zu finden.

Zusätzliche digitale Informationen und Materialen finden Sie auf der Internetseite des BKK Dachverbandes unter: https://www.bkk-dachverband.de/… bkk-gesundheitsreport-2020.

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