Überraschend starkes Exportergebnis im deutschen Osthandel im ersten Quartal 2020: Von Januar bis März nahmen die deutschen Ausfuhren in den Osten Europas gegen den allgemeinen Trend um 1,7 Prozent oder umgerechnet rund eine Milliarde Euro auf insgesamt 58 Milliarden Euro zu. Allein der Wert der deutschen Ausfuhren nach Polen stieg in den ersten drei Monaten nochmals um über eine Milliarde Euro an. Polen schob sich damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nun deutlich vor Italien und Großbritannien an die fünfte Position unter Deutschlands Handelspartnern.

„Zwar deuten sich in den Zahlen für das erste Quartal auch für unsere Region bereits Corona-Bremsspuren an, doch es lassen sich auch positive Effekte ablesen“, kommentierte Oliver Hermes, Vorsitzender des Ost-Ausschuss – Osteuropavereins der Deutschen Wirtschaft, die Ergebnisse. „Wir registrieren derzeit ein zunehmendes Interesse an deutscher Gesundheitstechnik. Deutschland ist für viele Länder zum Vorbild bei der Krisenbewältigung geworden. Und der starke Rückgang des Ölpreises ist für Exportländer ein großes Problem, wirkt für energieintensive Branchen aber wie ein kleines Konjunkturprogramm in der Krise.“

Zeichen stehen wieder auf Erholung

„Die April-Zahlen mit dem Höhepunkt des Lockdowns werden zwar auch für Mittelosteuropa desaströs ausfallen“, so Hermes weiter. „Auch der Mai wird noch sehr schwach sein. Inzwischen läuft aber in allen unseren 29 Partnerländern der Normalisierungsprozess. Die Chancen für eine Erholung verbessern sich damit von Tag zu Tag.“ Positiv sei, dass die meisten Länder Mittelosteuropas wie Deutschland aus einer Position der relativen Stärke in die Corona-Krise hineingerutscht seien. „Die Haushalte sind in Ordnung, die Infrastruktur wurde stark modernisiert. Mit konsequenten Maßnahmen konnten fast alle Länder Mittel- und Osteuropas mit Ausnahme von Russland und Belarus die Infiziertenzahlen in engen Grenzen halten. Außerdem ist die Region krisenerprobt – das hat sie Westeuropa voraus“, so Hermes. „Die Länder haben bereits ganz andere Herausforderungen gemeistert. Es gibt deshalb realistische Aussichten, dass Mittelosteuropa im Verbund mit Deutschland die Krise hinter sich lassen kann.“

Neben Polen ragte im ersten Quartal insbesondere Kasachstan mit einem Exportzuwachs von 30 Prozent unter den östlichen Handelspartnern heraus. Für das zentralasiatische Land sind seit wenigen Monaten wieder Exportkreditgarantien in Form von Hermesdeckungen verfügbar. Dies belebt jetzt den Handel. Überdurchschnittliche Steigerungen gab es zudem beim deutschen Export nach Rumänien (+3,3 Prozent), in die Ukraine (+8 Prozent), nach Litauen (+9 Prozent), nach Belarus (+17 Prozent), sowie nach Turkmenistan (+200 Prozent). Hier schlug insbesondere eine Großlieferung von Agrartechnik positiv zu Buche. Die Ausfuhren nach Russland blieben mit -0,6 Prozent im ersten Quartal weitgehend stabil, signifikante Exporteinbußen gab es dagegen im Handel mit Ungarn (-3,3 Prozent), der Slowakei (-3,6 Prozent), Slowenien (-4 Prozent), Nordmazedonien (-8 Prozent), Armenien (-14 Prozent) und Usbekistan (-27 Prozent).

Bremsspuren beim Import

Trotz der insgesamt positiven Entwicklung zu Jahresbeginn, lassen sich Effekte der Corona-Krise erkennen: Ohne die schwache Entwicklung im Monat März mit einem Rückgang der deutschen Exporte in die Region um vier Prozent, wäre das erste Quartal noch besser ausgefallen. Stark negativ fällt zudem die Entwicklung bei den deutschen Importen aus der Region aus: Diese sanken allein im März um zwölf Prozent und auf Quartalssicht um rund sieben Prozent oder umgerechnet vier Milliarden auf rund 55 Milliarden Euro.

Allerdings lässt sich der Rückgang zumindest in großen Teilen mit dem milden Winter und dem gleichzeitigen starken Einbruch der Rohölpreise erklären. Dadurch sanken die deutschen Einfuhren allein aus Russland im ersten Quartal um fast ein Viertel (-23,5 Prozent), der Wert der deutschen Importe aus dem rohstoffreichen Aserbaidschan büßte sogar 43 Prozent ein. Zudem deuten die Importrückgänge aus den östlichen EU-Nachbarstaaten und den Ländern des Westlichen Balkans ab März auf einen Nachfragerückgang und Lieferprobleme im Zuge von Grenz- und Produktionsschließungen hin.

„Die Lieferketten zwischen Deutschland und den östlichen Partnerländern sind äußerst eng geknüpft. Virusbedingte Produktionsausfälle und Schwierigkeiten beim Grenzübertritt machen sich da beiderseits sofort bemerkbar“, so Hermes. „Anfangs hat es leider an Abstimmung gefehlt. Dies bekommen wir jetzt aber zum Glück zunehmend in den Griff.“ Hermes verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Tschechien und Polen ihren Pendlern das Arbeiten in Deutschland inzwischen wieder uneingeschränkt ermöglichen. Die deutschen Automobilproduzenten und Zulieferer, die in Tschechien, der Slowakei und Ungarn aber auch in Rumänien, Polen, der Ukraine oder Russland stark vertreten sind, hätten Ihrerseits inzwischen überall die Produktion wieder angeworfen, weil auch die Nachfrage aus China wieder angezogen habe.

Hilfsprogramme werden Wirkung zeigen

„Das Bild, das Ende März/Anfang April erst einmal rabenschwarz war, hellt sich in Osteuropa immer mehr auf“, ist Hermes optimistisch. „Zudem haben die Bundesregierung, die EU, die Europäische Zentralbank und viele Länderregierungen auf die Krise im Rekordtempo mit beherzten Hilfsprogrammen geantwortet. Diese Maßnahmen werden zweifellos ihre Wirkung entfalten“, ist Hermes überzeugt. „Nicht jede Branche und jedes Land wird gleich gut aus der Krise kommen, das ist klar. Aber mit konsequenten Investitionen in Digitalisierung, Klimaschutz und Nachhaltigkeit, E-Mobilität, E-Learning und Gesundheitstechnik sowie einem verstärkten Re-Shoring von Produktionsketten hat unser Kontinent eine reelle Chance, neues Wachstum und Arbeitsplätze zu generieren.“

Es sollte zudem nicht vergessen werden, dass viele Unternehmen und Verbraucher Ihre Ausgaben erst einmal nur aufgeschoben hätten. „Wenn die Zuversicht wächst, dass Politik und Wirtschaft ihre Hausaufgaben machen und wir gemeinsam diese Krise meistern, lassen sich diese Mittel jetzt aktivieren. Die aktuell sehr stabilen Börsenkurse kommen deshalb nicht von ungefähr“, so Hermes. „Die Zeit des Wehklagens geht zu Ende.“

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Der "Ost-Ausschuss – Osteuropaverein der Deutschen Wirtschaft e.V." (OAOEV) bündelt seit Mai 2018 die Kompetenzen der beiden traditionsreichen Vereine Ost-Ausschuss (gegründet 1952) und Osteuropaverein (gegründet 1990) und fördert die deutsche Wirtschaft in den 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens. Der deutsche Osthandel steht insgesamt für rund ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels und ist damit bedeutender als der Handel mit den USA und China zusammen. Der OAOEV hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und -verbände und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH – getragen.

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