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– Zuverlässigkeit und Flexibilität unter Beweis gestellt
– Genossenschaften weiterhin bedeutender Arbeitgeber und Ausbilder
– Einbruch bei Neugründungen von Genossenschaften "

Auch in der Genossenschaftsorganisation hat die Corona-Krise einen Digitalisierungsschub ausgelöst, der über die Krise hinaus Bestand haben dürfte", sagt Michael Stappel, Volkswirt der DZ BANK, bei der Vorstellung des neuen Genossenschaftsberichts 2020. Die gewaltigen Ausmaße der Krise, die in vielen Volkswirtschaften die zurückliegende schwere Finanz- und Wirtschaftskrise übertrifft, belastet den stark in der Binnenwirtschaft verankerten Genossenschaftssektor. "Vor allem Facheinzelhändler und ihre Genossenschaften spüren das", beschreibt Stappel die Gesamtsituation, „oder auch Taxigenossenschaften, die einen massiven Einbruch bei den Fahrten beklagen.“

Aber es gibt auch Lichtblicke: Genossenschaften des Lebensmittelhandels profitieren von einer erhöhten Nachfrage seit dem Corona-Ausbruch. Für Stappel gibt es dafür eine einfache Erklärung: „Die Menschen kochen und essen wieder mehr zuhause.“ Als Stabilitätsanker für die durch fehlende Saisonkräfte und Dürre ohnehin leidgeplagten Bauern und Gartenbaubetriebe haben die ländlichen Genossenschaften während des Lockdowns ihre Zuverlässigkeit und Flexibilität unter Beweis gestellt. Bei den Genossenschaftsbanken haben die in Kooperation mit den Förderbanken ausgereichten Hilfskredite für geschäftliches Wachstum gesorgt. „Allerdings mussten auch die Banken ihre Filialen schließen. Das hat den Kundenkontakt stark behindert“, sagt Stappel.

Auch in Corona-Zeiten bedeutender Arbeitgeber und Ausbilder
Die Genossenschaftsorganisation ist weiter ein bedeutender Arbeitgeber und Ausbilder in Deutschland. Einschließlich aller Beschäftigten bei REWE Group und EDEKA-Verbund arbeiten ca. 977.600 Voll- und Teilzeitkräfte bei Genossenschaften, ihren Zentralen und Verbänden. Das sind 0,4 Prozent mehr als 2018. Die Zahl der Azubis und Trainees ist im Jahresvergleich um 1,2 Prozent auf 44.510 gewachsen. Da die Corona-Krise bei Lebensmitteleinzelhändlern für mehr Umsatz und Arbeit gesorgt hat, steigt die Beschäftigtenzahl im laufenden Jahr bei den Handelsgenossenschaften und in der gesamten Genossenschaftsorganisation weiter.

Einbruch bei Neugründungen von Genossenschaften
Wie stark die Auswirkungen der Corona-Krise sind, wird insbesondere bei den Neugründungen deutlich. Wurden im ersten Halbjahr 2019 noch 107 neue Genossenschaften errichtet, waren es im ersten Halbjahr 2020 nur 30. Dabei spielte nicht nur der Behörden-Lockdown eine Rolle, sondern auch die Unsicherheit über die Rentabilität der geplanten Genossenschaften. Daher dürfte die Zahl der Genossenschaften bis Jahresende auf rund 7.700 Unternehmen mit 22,7 Millionen Mitgliedern sinken.

Drei Fragen an Michael Stappel, Autor „Die deutschen Genossenschaften 2020“

Herr Stappel, wie hat sich die Krise bemerkbar gemacht? Gab es Unterschiede?
Unter dem Lockdown des Frühjahrs hatten vor allem Facheinzelhändler und ihre Genossenschaften zu leiden. Auch nach der Aufhebung der Ladenschließungen blieb der Konsum schwach. Über Umsatzzuwächse können sich immerhin die Genossenschaften des Lebensmittelhandels freuen, die zugleich einen Großteil des Gesamtumsatzes der Genossenschaftsorganisation beisteuern. In der Krise hat sich aber gezeigt, dass bewusster eingekauft und mehr Wert auf regionale Herkunft gelegt wird. Für einige Genossenschaften vor Ort war das eine Steilvorlage.

Welche Herausforderungen mussten gemeistert werden?
Ladenschließungen, Abstandsregeln und Hygienevorschriften galten auch für die Genossenschaftsbanken. Aus heutiger Sicht war es eine großartige Leistung, unter den erschwerten Bedingungen die Vielzahl von Anträgen auf Corona-Hilfskredite zu bearbeiten. Eine besondere Herausforderung waren aber sicherlich die Genossenschaftsversammlungen, die nicht wie gewohnt stattfinden konnten. Hier halfen kreative Lösungen – von Online-Formaten bis hin zur Generalversammlung im Autokino. Zum Teil wurden dabei sogar höhere Teilnehmerquoten erzielt.

Haben die genossenschaftlichen Werte geholfen?
Einerseits beklagten insbesondere Wohnungsgenossenschaften einen Einbruch des genossenschaftlichen Lebens unter den Corona-Schutzregeln. Das betraf die Kinderbetreuung, Jugendtreffs, Gemeinschaftsräum, Sportangebote oder Seniorennachmittage. Andererseits war trotz Maskenpflicht und Abstandsregeln eine große Solidarität zu spüren, z. B. wenn Jüngere für Ältere einkaufen, bei Spenden für Kultur oder bei neuen Ideen, wie sich soziales Leben digital gestalten lässt. Selbsthilfe, Solidarität und Flexibilität sind Attribute, die gerade auch Genossenschaften ausmachen. Daher bin ich sehr zuversichtlich, dass sich mit der Lockerung der Einschränkungen genossenschaftliche Neugründungen nicht nur wiederbeleben werden, sondern dass die Genossenschaftsidee gestärkt als Modell für Unternehmensgründungen aus der Krise hervorgehen wird.

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